Donnerstag – 14. September 2023
Nachdem die nötige Ausrüstung für den ersten Tag verladen war, starteten die Ortsverbände Pirna und Bautzen bereits am Nachmittag mit einem Voraustrupp für die Vorbereitungen zum Aufbau des Camps nach Tschechien. Eine bunt gemischte Truppe aus verschiedenen Einheiten unterstützte dabei den Zugtrupp, der die Leitung der Übung übernahm, sowie auch die Fachgruppe Notversorgung/Notinstandsetzung, die die Verantwortung zur Errichtung des gesamten Camps bei sich trug.
Freitag – 15. September 2023
Morgens, gleich nach dem Antreten und einer Besprechung der Führungskräfte, begann der Aufbau des Camps. Eine der ersten Aufgaben war parallel dazu die Errichtung der Einsatzleitung, in welcher ab dem Mittag auch der Meldekopf integriert wurde. Hinzu kam die Bereitstellung einer ausreichenden Funkausleuchtung.
Für eine sinnvolle Logistik und einen reibungslosen Ablauf zum Aufbau des Camps und der anstehenden Übung am nächsten Tag, wurden gezielte Parkflächen mit Lotsen eingerichtet. Zum Beispiel sollten alle LKWs mit Anhänger in einem etwas weiter entfernten Truckstop abgestellt werden. Von dort aus mussten dann die Einsatzkräfte mittels eines Shuttleservice zum Feldlager gebracht werden.
Ein besonderes Augenmerk an dem Tag lag bei der Errichtung von acht Zelten, welche zur Unterbringung von ca. 80 Einsatzkräften dienten. Die 70 Kinder der THW-Jugendgruppen und der tschechischen Feuerwehr, sowie knapp 50 ältere Teilnehmer fanden in den örtlichen Bungalows Platz. Auch zwei Verpflegungszelte wurden an diesem Tag aufgebaut und mit entsprechender Ausrüstung vom OV-Koch eingeräumt. Bei dem Aufbau der Übernachtungszelte bestand das Ziel darin, ein voll funktionsfähiges Feldlager mit Strom für Heizung und Licht, sowie ausreichend Schlafmöglichkeiten mit Hilfe von Feldbetten zu schaffen. Außerdem wurden durch die Fachgruppe Infrastruktur aus dem OV Dresden zusätzliche Handwaschbecken in der Nähe der Sanitäranlagen aufgebaut.
Eine besondere Herausforderung an dem Tag war die Anwesenheit eines Produktionsteams des Wissensmagazins PUR+, welches viele spannende Einblicke in den Aufgabenbereich und das Leben beim Technischen Hilfswerk für eine geplante Dokumentation einfing. Zwei Einsatzkräfte des Media Teams aus unserem Landesverband Sachsen, Thüringen waren die ganze Zeit für die Betreuung und der Organisation der Dreh-Crew verantwortlich. Der Moderator Eric M. wurde dabei mittels einer vollständigen THW-Schutzausrüstung zum Mitmachen eingekleidet und konnte sich somit bei der Umsetzung vieler Aufgaben daran beteiligen. Währenddessen stand ihm immer ein Interviewpartner aus den verschiedenen Einheiten zur Seite.
Ab etwa 15:00 Uhr füllte sich das Gelände dann Stück für Stück. Die noch fehlende Technik wurde mitgebracht und abgeladen, sowie letzte Bestandteile des Camps durch die am Nachmittag angereisten Einsatzkräfte mitaufgebaut. Alle Helferinnen und Helfer hatten am Ende des Tages dann das Feldlager bezogen und nach einer Begrüßung durch den Einsatzleiter und dem Ortsbeauftragten des OV Pirna ging es in den gemütlichen Teil über. Ein geselliges Beisammensein mit vielen interessanten Gesprächen und kameradschaftlichem Erfahrungsaustausch brachten den späteren Ausklang des Tages mit sich.
Samstag – 16. September 2023
An diesem Morgen begann die Übung „Seeadler“.
Zu dem Szenario gingen mehrere Notrufe in der Rettungsleitstelle ein. Es wurde von verschiedenen Augenzeugen geschildert, dass ein Kleinflugzeug über dem See Milada, nahe der Gemeinde Chabařovice, abgestürzt ist. Das Flugzeug war dabei an der Wasseroberfläche zerbrochen. Es wurde berichtet, dass es danach sofort unter gegangen sei, wobei noch einige Wrackteile an der Oberfläche des Sees zu erkennen waren.
Zwei Personen konnten sich nach dem Absturz aus dem Flugzeug befreien, welche ab diesem Zeitpunkt hilflos auf den Wrackteilen an der Wasseroberfläche trieben. Wie viele Insassen sich zum Zeitpunkt des Absturzes im Flugzeug befanden, war bei Eingang des Notrufes unbekannt.
Es wurden unter anderem auch zwei Fallschirmspringer beobachtet, die sich kurz vor dem Absturz aus dem Flieger absetzen konnten. Zeitgleich wurden mehrere kleine Explosionen sowie eine Rauchentwicklung im nahegelegenen Waldstück gemeldet.
Die tschechischen Behörden forderten das THW mit allen vor Ort verfügbaren Einheiten zur Unterstützung der Rettungs- und Bergungsmaßnahmen am See Milada und im angrenzenden ČFA-Park an.
1. Aufbau einer Führungsstruktur
Das Technische Hilfswerk sollte mit allen zur Verfügung stehenden Kräften und Mitteln die lokale Feuerwehr unterstützen und dabei eine geeignete Führungsstruktur aufbauen.
Dazu wurden, neben der Übungsleitung (Übungssteuerung), eine Einsatzleitung mit zwei Einsatzabschnitten gebildet. Diese Einsatzabschnitte galten einmal für den See Milada, über dem das Flugzeug abgestürzt war und zum Zweiten für die Bergungsübungen und Sprengausbildung im nahe gelegenen ČFA-Park.
Die Übungsleitung übernahm dabei der Zugtrupp aus dem OV Pirna. Während die Bautzner mit der Einsatzleitung der gesamten Übung vertraut gemacht wurden. Denen unterstellte sich der OV Stab Bautzen mit dem Unterabschnitt See und der Zugtrupp aus Düsseldorf mit dem Untersabschnitt ČFA-Park.
Im Anschluss an ihre Erkundungen sollte ein selbstständiges und eigenverantwortliches Abarbeiten der Aufgaben und das Einbinden der Einsatzaufträge durch die vor Ort verfügbaren Einheiten stattfinden.
2. Menschenrettung
Gleich nach der Erkundung der Absturzstelle, wurden durch die Fachgruppe Wassergefahren (FGr W) aus Pirna zwei Mehrzweckarbeitsboote (MzAB) an einer Bootanlegestelle eingeslippt, um die zwei auf dem Wasser schwimmenden Flugzeuginsassen zu retten. Diese trieben an der angenommenen Unfallstelle auf Wrackteilen an der Oberfläche des Sees Milada.
Für das Szenario wurden drei echte Statisten herangezogen, die nach ihrer Rettung und der Erstversorgung auf dem Boot, anschließend zur weiteren medizinischen Versorgung an Land gebracht wurden. Das unter den Wrackteilen am Seegrund eingeklemmte Opfer wurde von einer vorher dort platzierten Puppe dargestellt.
3. Vermissten- und Wrackteilsuche
Gleich im Anschluss an die abgeschlossene Rettungsaktion, wurde durch die FGr W am Strand des Sees eine Arbeitsplattform, aus dem mitgeführten Jetfloat-Pontonsystem, abgeladen und aufgebaut. Diese war für die Bergungstaucher gedacht, um Opfer und Wrackteile vom Grund des Sees zu bergen. Die Pontons können dabei je nach Bedarf in beliebigen Größen von Hand zusammengesteckt werden.
Die Plattform wurde nach ihrer Fertigstellung durch eines der MzABs an die Unfallstelle auf dem See transportiert und dort im Grund verankert. Jetzt konnten sich die Bergungstaucher, welche sich in dieser Zeit am Rande des Sees gründlich auf ihren Einsatz vorbereitet haben, auf die Suche nach Opfern und Wrackteilen zur Beweissicherung machen.
Das Tauchen ist im THW eine schwierige und oft gefährliche Aufgabe, aber die Einsatzkräfte aus Pirna erfüllten ihre gestellten Forderungen schnell und mit hoher Professionalität.
4. Aufbau einer Löschwasserstrecke
Zeitgleich zur Menschenrettung und der Wrackteilsuche auf dem See musste ein vermutlich durch den Absturz ausgelöster Waldbrand von der tschechischen Feuerwehr gelöscht werden. Dafür war der Aufbau einer 400 Meter langen Löschwasserstrecke mit Pufferspeichern aus Faltbehältern nötig, welche durch eine Schmutzwasserkreiselpumpe Hannibal mit 5000 Litern/min eingespeist wurden.
Einer dieser eingesetzten Pufferspeicher umfasste dabei ein Fassungsvermögen von 24.000 Litern, welcher über geeignete Anschlüsse zur Wasserabnahme durch die Feuerwehr verfügt. Dieser Faltbehälter nimmt etwa dreißig Quadratmeter Platz in Anspruch und nach dem Aufbau der Löschwasserstrecke kann in weniger als zehn Minuten gefüllt werden.
Für den Transport des Löschwassers zu dem eigentlichen angenommenen Brandherd wurden noch zwei weitere Faltbehälter mit einem Volumen von jeweils 3.000 Litern zum Einsatz gebracht. Die Befüllung des Ersten erfolgte aus dem großen 24.000 Liter fassenden Pufferspeicher. Um die Strecke bis zum Ziel zu bringen, verlängerte man dann von dort aus nochmal um ein zweites Becken, welches das Wasser mittels einer Tauchpumpe aus dem ersten 3.000 Liter Pufferspeicher bezog. Von dort aus konnte nun das Löschwasser an die tschechische Feuerwehr zum Beheben des Brandes übergeben werden.
Die Arbeiten zur Löschwasserversorgung wurden bei sommerlichen Temperaturen durch die Fachgruppe Wasserschaden/Pumpen (FGr WP) und den zwei Bergungsgruppen übernommen. Eine schweißtreibende Angelegenheit mit viel Laufarbeit, wie sich herausstellte, denn die Besonderheit lag hier in einem nicht zu unterschätzenden Höhenunterschied zwischen der Wasserentnahmestelle und dem Brandherd.
Für den Transport des Löschwassers aus dem See kamen zum größten Teil F-Schläuche zum Einsatz, die über ein enormes Gewicht verfügen. Die tschechische Feuerwehr übernahm das gelieferte Wasser und konnte sich somit an den vermeintlichen Brandherd vorarbeiten. Beim Rückbau dieser Station wurde die FGr WP dann von den Einsatzkräften der FGr N tatkräftig unterstützt.
5. Suche und Bergung von Personen in Gebäuden
Im Rahmen des Übungsszenarios wurden in einem Waldstück, unweit des Sees Milada, zwei Fallschirmspringer gemeldet, die sich aus dem abgestürzten Flugzeug vorher noch gerettet hatten.
Nach einer ersten Erkundung konnten beide Personen durch den Zugtrupp aus Düsseldorf lokalisiert werden. Eine nicht ansprechbare Person wurde eingeklemmt unter Trümmern gefunden. Die zweite Person konnte sich durch Rufen im Obergeschoss eines teileingestürzten Gebäudes bemerkbar machen. Allein kamen die Erkunder hier nicht weiter. So wurden die Bergungsgruppen aus Pirna und Bautzen für die Rettung der beiden Person angefordert.
Zur Rettung des ansprechbaren Opfers entschied man sich, dass Gebäude, welches ebenerdig nicht zugänglich war, über ein Fenster im ersten Obergeschoss zu betreten und die Person mittels eines Leiterhebels ins Freie zu bringen. Während sich die ersten Einsatzkräfte um die Versorgung des Verletzten kümmerten, bereitete der Rest der Gruppe den Leiterhebel vor. Hierbei handelt es sich um eine Steckleiter, an der ein Schleifkorb mit Führungsseilen befestigt wird, um die verletzte Person schonend nach unten zu bringen. Durch die eingespielte Zusammenarbeit konnte die Person in kürzester Zeit aus dem Haus geborgen und an den Rettungsdienst übergeben werden.
Schwieriger gestaltete sich die Rettung der zweiten verletzten Person, welche kompliziert unter Trümmern eingeschlossen war. Doch bevor die Einsatzkräfte der Bergungsgruppe die Menschenrettung angehen konnten, mussten sie sich zuerst ihren Anfahrtsweg frei räumen. Dieser war ebenfalls durch Trümmer versperrt. Am Ende stellte sich dies aber nur als eine kleine Herausforderung dar, welche mit geballter Muskelkraft wortwörtlich aus dem Weg geräumt werden konnte. Bei der Verletzten angekommen, wurde nach einer ersten Lageeinschätzung durch den Gruppenführer entschieden, die verkeilten Betonteile mittels Hebekissen in Bewegung zu bringen, um die Verunfallte so aus ihrer misslichen Lage befreien zu können.
Nachdem die Trümmer ein Stück angehoben waren, wurde schnell klar, dass der Einsatz von Hebekissen allein nicht ausreichen würde, um für die Rettung genug Platz zu schaffen. Hier kam nun noch ein hydraulischer Stempel ins Spiel, durch diesen es den eingesetzten Kräften gelang, die Betonteile weit genug anzuheben, um die verletzte Person zu befreien und an den Rettungsdienst übergeben zu können.
6. Baum- und Erdsprengarbeiten
Im Rahmen einer speziellen Ausbildung haben die Sprenggruppen aus Düsseldorf und Pirna während dieser Übung ihre Fähigkeiten zum Thema Sprengen und Fällen von Bäumen trainiert.
Alle Maßnahmen wurden unter simulierten Bedingungen durchgeführt, um sowohl die Sicherheit der Fachgruppen als auch die Erhaltung der Umwelt zu gewährleisten. Es wurden keine realen Baum- oder Erdsprengarbeiten ausgeführt. Stattdessen wurden technische Manöver und Strategien getestet und ihnen die Möglichkeit gegeben, ihre Fertigkeiten in einem kontrollierten Szenario zu üben.
Der Zweck dieser Ausbildungseinheit war es, die Gruppen auf realistische Szenarien vorzubereiten, in denen ihre Fähigkeiten benötigt werden könnten.
7. Campverpflegung und Versorgungstellen
Während des Campbetriebs, sowie auch bei der Durchführung der Übung, musste großen Wert auf eine zuverlässige Verpflegung der Einsatzkräfte vor Ort gelegt werden. Um diese zu gewährleisten, wurden die Verpflegungsmaßnahmen von einem externen, lokalen Catering-Unternehmen durchgeführt. Unterstützt wurde dieses durch die OV-Köche der Ortsverbände Bautzen und Pirna, welche mit ihrer Erfahrung dazu beitrugen, einen reibungslosen Ablauf vom frühen Morgen bis in den Abend zu gewährleisten. Während der eigentlichen Übung, übernahm die Fachgruppe Notversorgung/Notinstandsetzung die logistische Unterstützung bei der Versorgung der Mannschaften. Diese bewerkstelligte in Zusammenarbeit mit den OV-Köchen und den Bufdis den Aufbau der benötigten Versorgungsstellen an den Übungsabschnitten am See und im ČFA-Park. Mit viel Elan und hohem Engagement, wurde damit sichergestellt, dass alle Teilnehmer angemessen mit Mahlzeiten und Getränken verpflegt werden konnten.
8. Jugendarbeit
Die Jugendgruppen des THW Bautzen, Dresden und Pirna veranstalteten derweil ein interessantes Programm zusammen mit den Kindern der tschechischen Feuerwehr. Der Tag war vollgepackt mit zahlreichen Wettbewerben, was den Jugendlichen die Möglichkeit bot, ihr Können und ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.
Ein besonderes Highlight des Tages war eine Bootsfahrt auf dem Milada See - eine aufregende Erfahrung für die jungen Teilnehmer. Darüber hinaus hatten sie die Gelegenheit, einen lokalen Zoo zu besuchen, was die Kinder besonders begeisterte.
Dieser Tag war ein echter Erfolg und förderte den Gemeinschaftsgeist und die Zusammenarbeit zwischen den Jugendgruppen des THW und der tschechischen Feuerwehr. Beide Gruppen freuen sich auf zukünftige gemeinsame Veranstaltungen und Aktivitäten, um die Bindungen und das gegenseitige Verständnis zwischen den jungen Mitgliedern weiter zu stärken.
9. Media Team
Eine weitere Besonderheit der Übung „Seeadler“ war die Anwesenheit des Produktionsteams vom Wissensmagazin PUR+ mit dem Moderator Eric Mayer.
Ziel war es, eine Dokumentation über den Aufbau des Feldlagers und einen Teil der Übung während der Durchführung zu drehen. Dabei soll den neugierigen Zuschauern in der Sendung (Ausstrahlung beim ZDF und KiKa geplant in 11/2023) ein spannender Einblick in die Ehrenamtsarbeit beim Technischen Hilfswerk geboten werden. Die Dreharbeiten wurden bereits im Vorfeld und auch während der Durchführung vom Media Team des Landesverbandes Sachsen, Thüringen intensiv betreut. Jede Menge organisatorische Aspekte und einen zielgerichteter Ablauf anhand eines im Vorfeld erarbeiteten Drehbuches, waren die Aufgaben der Beauftragten für Öffentlichkeitsarbeit. Außerdem übernahmen sie, mit bis zu vier Einsatzkräften, zusätzlich die Dokumentation in Wort und Bild für den gesamten Zeitraum der Übung.
Sonntag – 17. September 2023
Mit unzähligen Eindrücken aus der drei Tage dauernden Übung im Gepäck, starteten die Einsatzkräfte nach dem zügigen Abbau des Feldlagers bis Sonntagmittag wieder zurück in ihre Ortsverbände.
Alle Helferinnen und Helfer, sowie auch die THW und tschechischen Feuerwehr-Jugendgruppen aus dem Feldlager sind dankbar und zufrieden, mit dabei gewesen zu sein. Der fachliche Austausch, die interessanten Gespräche an den Abenden und der kameradschaftliche Zusammenhalt, den sie während dieser Zeit erfahren haben, werden sie sicher noch lange in Erinnerung behalten und für neue Aufgaben inspirieren.
(S. Schmidt und A. Stickel)